Spurensuche in St. Johannis: Die vier Elefanten

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Spurensuche in St. Johannis: Die vier Elefanten

Elefanten sind als Haus- und/oder Wappentiere nicht gerade häufig in Mittelfranken anzutreffen. Umso mehr überrascht es, Elefanten gleich mehrmals in St. Johannis anzutreffen. Ein Anlass, auf Spurensuche zu gehen.

Den gemeinhin als „Großen Elefanten“ Bezeichneten finden wir auf dem Epitaph  St. Johannisfriedhof  Grab Nr. 1772  des Paulus Fermondt des Älteren. Das Epitaph zeigt Paulus Fermondt mit seinen sechs Söhnen, von denen vier die Eltern selbst nicht überlebt hatten, und die Ehefrau Anna Fermondt Tochter des Seidenbortenhändlers Hans (Johann) Sandrart mit einer,  durch das Kreuz als verstorben bezeichneten Tochter.

Die ovale Wappenkartusche zeigt den Elefanten, darüber einen kleinen Delphin und das Handelszeichen bestehend aus den jeweiligen Anfangsinitialen: P + F  , der „4“  als Zahl neben Lilie und Stern. Stehen der Stern und die Lilie für Nacht und Tag, der Delphin als Seelenführer, der die Seelen Verstorbener auf seinem Rücken sicher in das Reich der Toten führt, so passt der Elefant auf den ersten Blick nicht in dieses Bild.

Paulus Fermondt war ein reicher Kaufmann, der auf Grund seines reformierten Bekenntnisses nach Nürnberg geflohen war und erst 1625 durch Bürgschaft seines Schwiegervaters das Bürgerrecht erwarb. Damals war er Eigentümer des Anwesens Burgstraße 11 und hatte sein Vermögen mit 10.000 Gulden beziffert. Am 12.12.1628 verkaufen die Eheleute Hans Rochus und Anna Maria Kneutzel (geb. von Löffelholz) „ihre Behausung samt Hoffrait, welche sich am alten Kornmarkt zwischen dem Wirtshaus zum Roten Hahn und dem Haus des Hans Schmitters (L 206)  Josephsplatz 8 / Hintere Ledergasse 15 für 11.000 Gulden an die Eheleute Paulus und Anna Fermondt. Das Hauszeichen dieses Anwesen lautet: „ Zum weißen Elefanten“. Damit wird der Elefant zum „Wappentier“ der Familie. Als Anna Fermondt am 12.10.1632 verstirbt, beauftragt Paulus Fermondt den berühmten Rotschmied Jakob Weinmann mit der Erstellung des Epitaphs. Es dürfte das letzte von Jakob Weinmann gefertigte Epitaph gewesen sein, da sein Begräbnis auf dem St. Johannisfriedhof (Grab 1561) vom 25.11.1632 datiert.

Der „Kleine Elefant“ befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft und gehört zu dem Epitaph Grab Nummer 1756 des Sohnes Paul Fermondt d.J., der als Kaufmann für vergoldete und versilberte Drähte, die unter dem Namen „leonische Drähte“ als Nürnberger Fabrikat weltbekannt waren, die Nachfolge seines Vaters angetreten hatte. (Ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam zu machen, dass sich der Name „Leonische“ von der französischen Stadt Lyon ableitet und keinen Bezug zu der spanischen Stadt Leon herleiten lässt). Auch Paulus d.J. lebte mit seiner Familie in dem Anwesen „Zum Weißen Elefanten“ und hat auch in seinem Epitaph den Elefanten zusammen mit drei Lilien dargestellt. Die drei Lilien symbolisieren die Verbundenheit des Sohnes zu der Herkunft seines Vaters aus Bordeaux dann Lyon in Frankreich.

Über das Wirken von Paulus Fermondt d.J. ist den Archiven nur wenig zu entnehmen. Gesichert ist allein die Tatsache, dass sein Stiefbruder Anton Fermondt (Sohn aus der zweiten Ehe des Paulus Fermondt d.Ä mit Maria Le Brun) das Anwesen 1673 an seinen Schwiegervater, den bedeutenden Bankier Jakob Blommart veräußert hatte.

Foto: Dr. Claudia Maué

Wenige Meter hinter dem Steinschreiberhaus ist westlicher Richtung an der Mauer zur Johannisstraße finden wir den „dritten Elefanten“ der das Grab der Familie Pauschinger (Grab Nr. D 11a) ziert. Den Hinweis auf dieses Epitaph verdanke ich der Heimatpflegerin der Stadt Nürnberg, Dr. Claudia Maué.

Es handelt sich hierbei um das Grab des Johann Michael Pauschinger und seiner Ehefrau Margarete, gestorben am 13.04.1881 bzw. 04.02.1883 aus der Johannisstraße 17. Die Familie Pauschinger betrieb in dem vorgenannten Anwesen eine Pinselfabrik, die bereits frühzeitig auf die Fertigung von Kielpinsel und Federkielen spezialisiert hatte. Noch heute fertigt die Firma VP Leonhardy, in der die Pinselfabrik Pauschinger bei dem Zusammenschluss von 15 Firmen im Jahr 1889 aufgegangen ist, in der Johannisstraße 41 hochwertige Kielpinsel in unterschiedlichen Formen und Größen.

Leider war es mir nicht möglich, einen Bezug zwischen der Verwendung des Elefanten als Wappentier auf dem Epitaph und der Pinselfertigung bzw. einer markenmäßigen Verwendung für eigene Produkte der ehemaligen Pauschinger & Cie. aus der Johannisstraße herzustellen.

 

Gleiches gilt auch für den „ vierten Elefanten“ an der Fassade des ehemaligen Fabrikgebäudes in der Johannisstrasse 90 – 96 der Pinselfabrik Gebr. Regensteiner oHG. Dieses Gebäude weist eine derart wechselvolle Geschichte in St. Johannis aus, dass es einer kurzen Darstellung bedarf. Die Firma Gebrüder Regensteiner begann 1896 die Pinselfabrikation. Damals gab es einen regelrechten Boom der Pinselindustrie, die neben der bedeutenden Spielzeug- und Zweiradindustrie mit über 30 Fabriken den Weltmarkt beherrschten. War die Firma Gebr. Regensteiner 1905 noch in der Hasstraße, wurde dann die Fertigung nach St. Johannis in die Franzstraße 9 verlegt; ferner wurde ein weiteres Fabrikgebäude in der Fraunhoferstraße 3 erworben. Mitte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts erfolgte dann der große Fabrikneubau an der Johannisstraße 90-96 mit dem abgebildeten Elefanten als Fassadenschmuck.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde für die Gesellschafter der Fa. Gebr. Regensteiner oHG , als jüdische Mitbürger, die Situation immer bedrohlicher, sodass die vier Gesellschafter Julius, David, Max und Nathan Regensteiner sich mit ihren Familien veranlasst sahen, Nürnberg durch Flucht zu verlassen. Die vorgenannten Gesellschafter wurden daraufhin mit einer Fluchtsteuer von jeweils 34.000 RM belegt. Ferner ergingen jeweils Steuersteckbriefe, die die Ausbürgerung und den Vermögensverfall zu Gunsten des Deutschen Reichs ermöglichten. Das Fabrikgebäude Johannisstraße 90-96 wurde nach der Beschlagnahme Polizeischule, Polizeikaserne und Sitz des für St. Johannis, Schniegling und Wetzendorf zuständigen 2. Polizeireviers. Nach Beschlagnahme durch die Amerikaner ab September 1946 wurde das Gebäude von dem Abwesenheitspfleger der Herren Regensteiner ab August 1953 an die Stadt Nürnberg als Ämtergebäude vermietet und als Wohnungsamt genutzt. Die bereits 1909 im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg zu HRA 134 eingetragene Fa. Gebr. Regensteiner blieb weiterhin Eigentümer der Grundstücke. Die Grundstücke Fraunhoferstraße und Franzstraße sowie die gesamte Produktionsstätten wurden durch den Pfleger 1939 an die Firma Broncefarbenwerke AG, vormals Karl Schlenk, in Barnsdorf/Roth verkauft.

Nach Geltendmachung von vielfachen Restitutionsansprüchen wurde dann im Jahr 1958 das Fabrikgebäude in der Johannisstraße 90-96 durch den Pfleger für die Erben Regensteiner verkauft und ausweislich einer Werbeanzeige in der Festausgabe der Mitteilungen des Vorstadtvereins St. Johannis, Schniegling, Wetzendorf, Kriegsopfersiedlung durch das Möbelhaus Zerrmann genutzt. Am 29.01.1966 erfolgte die Löschung der Firma Gebr. Regensteiner im Handelsregister.

Ewald Weschky

 

 

2019-08-19T12:27:52+02:00