Der St. Johanniskirchhof und die Sepulkralkultur

//Der St. Johanniskirchhof und die Sepulkralkultur

Der St. Johanniskirchhof und die Sepulkralkultur

Was für ein bedeutsames Jahr, das Jahr 2018 für den St. Johanniskirchhof.

Mit Brief vom 31.10.1518 hatte Kaiser Maximilian I. den Rat der Stadt Nürnberg angewiesen, dass „bei gemeinem Sterben niemand mehr in den Pfarren und in anderen Kirchen, sondern in neuen Gottesackern“ – außerhalb der Stadt – begraben werden solle. Obwohl dieses Verbot nur schwerlich durchgesetzt werden konnte und zuletzt  noch der reiche Kaufmann und Kirchenmeister von St. Sebald, Sebald Schreyer, 1520 vor dem Ostchor der St. Sebalduskirche noch in dem Familiengrab beigesetzt wurde, ist 1518 das entscheidende Jahr für den St. Johanniskirchhof und somit auch der begründete Anlass für die Veranstaltungen zum 500-jährigen Jubiläum der Friedhöfe von St. Johannis und St. Rochus.

Anlass auch für mich, mich näher mit der Sepulkralkultur auf dem St. Johanniskirchhof zu befassen. Sepulkralkultur (lat. sepulcrum = Grab, Grablege) umfasst lt. Wikipedia die Kultur des Todes, des Sterbens, des Bestattens sowie des Trauerns und kann im weitesten Sinne auch als Trauer- und Begräbniskultur verstanden werden.

Der Umgang mit dem Tod und den Toten verrät viel über die Kultur einer Region und einer Epoche. Wir können stolz sein, gleich zwei der bedeutendsten Friedhöfe in unserem Stadtgebiet zu beherbergen; eine ganz bedeutsame gesellschaftspolitische Verantwortung. Überall in unserem Land geraten Gebräuche und Rituale immer mehr in den Hintergrund. Natürlich entwickelt jede Zeit ihren eigenen Umgang mit dem Tod und den Toten. Wir haben es aber mit dem St. Johanniskirchhof nicht allein mit einem einzigartigen historisch bedeutsamen Friedhof zu tun, sondern auch mit einem „lebenden“ Friedhof, auf dem Beerdigungen stattfinden und der den Hinterbliebenen Kraft und Halt bietet.

Gerade in dem „Kulturerbejahr 2018“ mit der Bezeichnung „Geliebtes Erbe Nürnberg“ bedarf es eines bedeutsamen großen Schritts, um zwischen dem historischen Erbe, den Themen Sterben, Tod und Trauer einerseits und der besonderen Zugewandtheit zum Leben andererseits, den verbindenden Bogen zu schließen. Der ehemalige Kulturstaatsminister Neumann hat anlässlich seiner Würdigung des 20-jährigen Jubiläums des Bestehens des Museums für Sepulkralkultur in Kassel im Februar 2012 dargelegt, dass es möglich ist, Tod und Sterben einfühlsam und dennoch interessant und öffentlichkeitswirksam darzustellen.

An dieser Bereitschaft und/oder Fähigkeit scheint es mir jedoch in Nürnberg zu mangeln. Zwar mag es sein, dass sich die Stadt Nürnberg mit ihrer (anstehenden) Bewerbung als Unesco- Weltkulturerbe „festgelegt“ hat und dabei die einzigartige Bedeutung der Sepulkral- und Epitaphienkultur in Nürnberg nicht gesondert unterstützt. Es scheint mir aber dafür nicht allein die Verantwortlichkeit bei der Stadt Nürnberg zu sein, sondern vielmehr bei den Eigentümern der beiden bedeutsamen Friedhöfe St. Johannis und St. Rochus.

Bekanntlich sind Eigentümer der beiden Friedhöfe die fünf Kirchengemeinden St. Egidien, St. Jakob, St. Johannis, St. Lorenz und St. Sebald. Diese Gemeinden leiten die Arbeit der Friedhofsverwaltung durch eine „gemeinsame Friedhofsverwaltung“. Das relativ geringe Interesse der fünf Gemeinden an dieser gemeinsamen Aufgabe erkennt man daran, dass satzungsgemäß ein Pfarrer/Pfarrerin aus St. Johannis den Vorsitz hat, aber diese verantwortungsvolle Aufgabe bis dato an den 1. Pfarrer von St. Sebald delegiert wurde, der seinerseits nun demnächst eine andere Aufgabe im Büro der Regionalbischöfe übernehmen wird.

So werden die beiden Friedhöfe nicht nur von den Kirchengemeinden verwaltet, sondern viele Aufgaben werden bzw. wurden an die Stadt Nürnberg (Bestattungsamt, Epitaphiengremium etc.) delegiert, anstatt die Friedhofsverwaltung mit mehr Personal und vor allen Dingen mit mehr finanziellen Mitteln für die dringend notwendige digitale Erfassung aller Gräber und der dazugehörenden Epitaphien auszustatten.

Entscheidend nachteilig erscheint mir aber die seit Jahren „gepflegte“ mangelhafte Vergabepraxis der Grabstellen zu sein.

Schaut man sich den Internetauftritt der Evangelisch-Lutherischen Friedhofsverwaltung an, so ist man erstaunt zu lesen, dass angeblich auf beiden Friedhöfen „ca. 1300 freie Gräber“ (Zitat) existieren sollen. Zwar stellt der aufmerksame Betrachter der Friedhöfe immer wieder fest, dass mit weißen Blättern an einzelnen Gräbern die Nutzungsberechtigten aufgefordert werden, sich zu melden, weil z.B. die Nutzungsdauer seit Jahren abgelaufen ist. Wenn man sich aber dann um die entsprechenden „freien Gräber“ bemüht, sind sie nicht verfügbar und/oder noch belegt.

Angeboten werden bei „1300 freien Gräbern“ nur einzelne wenige Gräber, die zudem noch von der Lage und vom gesamten Erscheinungsbild her oft recht unattraktiv sind.

Hat man sich dennoch recht lange bemüht und für eine Grabstätte die langjährige Nutzungsberechtigung erstanden, so greift eine Praxis ein, die Interessenten in ihrem Zweifel bestärkt, dass es möglicherweise doch besser gewesen wäre, von Anfang an, eine alternative Bestattungsform in Erwägung zu ziehen.

Damit meine ich nicht die am 22.03.2017 in Kraft getretene neue Gebührenordnung mit zum Teil erheblicher Anpassung, sondern die weiter anfallenden Kosten und Gebühren für die individuelle Gestaltung des möglicherweise in Auftrag gegebenen neuen Epitaphs.

Hier berechnet das Bestattungsamt dem Nutzungsberechtigten (zusätzlich zu den Kosten der Gestaltung und des Bronzegusses des neuen Epitaphs) weitere  6 % vom Gesamtbrutto der Herstellungskosten des neuen Epitaphs als „Genehmigungsgebühr“ (!), sprich: Herstellungskosten des Epitaphs + 19% MwSt. + 6 % „Genehmigungsgebühr“ aus Gesamtbrutto + 19 % MwSt.

Diese Praxis ist weder für den Grabbesitzer nachvollziehbar, noch basiert sie meiner Meinung nach auf einer belastbaren Rechtsgrundlage und schon gar nicht kann eine „Genehmigungsgebühr“ umsatzsteuerpflichtig sein.

Diese individuelle „Genehmigungsgebühr“ ergibt sich nicht aus der oben genannten Gebührenordnung. Damit stünde ein Betrag nicht dem Bestattungsamt zu, sondern allenfalls dem Denkmalschutz, der über Veränderungen an den historischen Grabmalen berät und entscheidet oder allenfalls den fünf Kirchengemeinden. Die Abhängigkeit von den individuellen Gestaltungskosten für die Genehmigung wäre nach meiner Ansicht rechtlich unhaltbar und nicht sachgerecht.

Letztlich gibt es hier „Hürden“, die die Interessierten mehr abschrecken, als anziehen und lässt den erforderlichen Gestaltungswillen seitens der Betreiber vermissen, die Anzahl der freien Gräber deutlich zu mindern.

Ewald Weschky

2018-04-06T10:29:13+02:00